Dienstag, 11. Dezember 2007

Im Auge des Karpfens

Nie vergaß mein Vater an dieser Stelle, uns darauf hinzuweisen, daß nun der Höhepunkt gekommen war: „Jetzt kommt der Schmackofatz“, verkündete er und schälte gekonnt das Auge aus der Höhle. Sorgfältig legte er sich den glibberigen Klumpen auf der Gabel zurecht, ehe er ihn zum Mund führte. Nach kurzem Lutschen und Zutschen beförderte er ein stecknadelkopfgroßes, weißes Kügelchen dezent zu den anderen Überbleibseln des Mahles, dem Rückgrat, den Flossen, der labberigen, grauen Haut mit ihrem eitergelben Fettrand. Da Karpfen zwei Augen haben, wiederholte sich das Schauspiel, und meine Mutter, meine Schwester und ich wandten erneut die Blicke ab, um Sekunden später doch der Faszination des Grauens zu erliegen. Mit angehaltenem Atem beobachteten wir aus den Augenwinkeln, wie er das Fischmesser mit der Präzision eines Gehirnchirurgen handhabte. Die Augen waren der Höhepunkt des Höhepunktes. Der Höhepunkt selbst war der Kopf, die Bäckchen zuerst. Ich habe nie herausfinden können, ob für meinen Vater die Weichteile des Fischkopfes tatsächlich eine Delikatesse darstellten, oder ob er sie nur verzehrte, um für seine Töchter einmal im Jahr das Monster zu geben.
Nie sah man nach einem Essen zwei faule Teenager bereitwilliger aufspringen, den Tisch abräumen, die Fischreste zur Mülltonne tragen, das Geschirr spülen und die Fenster aufreißen. Meine Muter versuchte derweilen mit einer Spraydose „Fichtennadel“ die olfaktorischen Voraussetzungen für die anschließende Bescherung zu schaffen. Das gelang nicht immer. Karpfen verströmt einen strengen und hartnäckigen Geruch, der bei mir noch heute Assoziationen von gedunsenen Wasserleichen in trüben Tümpeln weckt. Karpfen sind übrigens Allesfresser ...
Das Trauma, das Tier in der Badewanne planschen und dann von Elternhand hingemeuchelt zu sehen, blieb uns glücklicherweise erspart. Meine Mutter erstand den Karpfen im Fischgeschäft oder bekam ihn von einem Onkel, der angelte. Sie haßte Karpfen blau. Wegen des brackigen, modderigen Geruchs, behauptete sie, doch in Wahrheit litt sie an Angstträumen, in denen der mürbe Fisch beim Servieren, oder noch im Sud, in seine Bestandteile zerfiel.
„Ist doch ganz einfach“, wischte mein Vater ihre Bedenken vom feiertäglich gedeckten Tisch, „man sieht es an den Augen: Wenn sie milchig werden, muss er raus.“
Jahr um Jahr versuchte meine Mutter ihrem Gatten ein anderes Heiligabendgericht schmackhaft zu machen. Vergeblich. Erstaunlicherweise essen meine Schwester und ich bis heute gerne Fisch. Nur nicht an Heiligabend. Und niemals Karpfen.
(Auszug aus einem Beitrag für ein Eltern-Heft 2002 zum Thema Rituale)
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Montag, 10. Dezember 2007

Harte Jungs

Ich bastle gerade an einer "Gute-Nacht-Geschichte für Männer, die nicht einschlafen wollen" herum. (Das ist nicht meine Idee, sondern die des Verlags)
Jedenfalls hat meine was mit Harleys zu tun. Ist hier bekannt, dass der durchschnittliche Harley-Fahrer 52 Jahre alt ist? Und dass es deswegen schon Modelle mit Sitzheizung gibt? Ja, ja, born to be wild...
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Samstag, 8. Dezember 2007

Auflagenjagd

Hurra, die "Nixenjagd" ist gerade in die dritte Auflage gegangen. Das Angenehme an diesem Buch ist außerdem, dass man immer so nette Fan-Mails bekommt.
Ich glaube, ich weiß inzwischen, was das Geheimnis des Erfolgs von "Nixenjagd" ist: Es ist garantiert pädagogisch wertlos.

Nixenjagd-Cover
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Montag, 3. Dezember 2007

übertrieben

Falls noch jemand glaubt, ich hätte bei der Leichenentsorgung via Schweinemagen in "Wölfe und Lämmer" meine Fantasie zu sehr spielen lassen - bitteschön, in Vancouver hat das jetzt ein Schweinezüchter in vermutlich über sechzig Fällen praktiziert. Uäh!
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Freitag, 30. November 2007

Den fand ich süß

Sagt ein Hund zum anderen: "Du, ich bin adelig. Ich heiße Hasso vom Silberwald."
Die Mischlingstöle grübelt kurz, sagt dann. "Du, ich bin auch adelig. Ich heiße Runter vom Sofa!"
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Dienstag, 27. November 2007

Wahrscheinlich guckt hier

wieder kein Schwein!
schwein
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Montag, 26. November 2007

Marathon-Lesen

Ab und zu muss man mal an seine Grenzen gehen, um zu sehen, wozu man in der Lage ist. Dieses Grenzerlebnis hatte ich am Samstag in Stuttgart. Die Stuttgarter hatten sich zu "Stuttgarts langer Kriminacht" nämlich etwas ganz Besonderes ausgedacht: Sieben Autoren lesen in sieben Räumen jeweils zur vollen Stunde - und das von 19 bis 23 Uhr, also fünfmal hintereinander ca. 35 Minuten. Mit allem Drum und dran also fünf komplette Lesungen! Eine echt lange Kriminacht.
Zum Glück hatte ich den schönsten Raum im Wirschaftsministerium, nämlich das "Lesecafè" , in dem auch ein Mikrofon stand.
Das Konzept ging auf, ich hatte zu den ersten vier jeweils so um die hundert Leute, erst um elf Uhr machten die Zunörer schlapp, und ich beinahe auch. Mannomann, war ich fertig hinterher. Aber es hat sich gelohnt, von meinen Büchern - "Liebeslänglich" waren nach der vierten Lesung alle ausverkauft.
Trotzdem kommt man sich komisch vor, wenn man zum fünften Mal dasselbe erzählt und den selben Witz macht - aber es sollte ja jede Lesung möglichst gleich sein. Zudem hatte ich Gelegenheit, Ingrid Noll mal wieder zu treffen, was auch sehr schön war.
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Freitag, 23. November 2007

Ich zahle gerne

Rechnungen. Ja, wirklich. Nicht, dass ich gern welche bekäme, aber wenn sie schon mal da sind, dann zahle ich sie fast immer pünktlich und habe dabei dieses erhebende Gefühl, dass der Mensch, der dann sein Geld für seine Leistung oder die gelieferte Ware bekommt, sich freut und mit Wohlwollen an mich denkt - auch im Hinblick auf das nächste Geschäft.
Wirklich, glaubt mir, Rechnungen bezahlen, das ist wie Absolution, das ist wie - man verzeihe mir die derbe Wortwahl - das ist wie nach einem richtig guten Schiss!
Es erleichtert.
Alle, denen ich im Oktober Rechnungen geschrieben habe, und die diese noch immer nicht bezahlt haben, sollten das schleunigst mal ausprobieren. Im Sinne der psychischen Hygiene. Es ist wirklich ein ganz, ganz tolles Gefühl, glaubt mir!
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Donnerstag, 22. November 2007

Auf offener Bühne ...

Rosen

Bodo Dringenberg ... bewirft mich mit Rosenblättern während der Lesung im Enercity-Expo-Café.
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Dienstag, 20. November 2007

Der Tote vom Maschsee



Das Titelbild wollte ich hier schon mal vorzeigen. Bis zum Erscheinen dauert es leider noch drei Monate.
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StrengVertraulich

Blog der Krimiautorin Susanne Mischke

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